SPD Berlin lehnt Ausweitung der Messenger-Überwachung für Geheimdienste ab

Am Samstag (28. November 2020) hat sich der Landesparteitag der Berliner SPD klar gegen die diskutierte Ausweitung der Nutzung von Staatstrojanern für die Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) für Smartphones, Computer und weitere digitale Endgeräte auf die Geheimdienste ausgesprochen. Ein entsprechender Antrag des SPD Forum Netzpolitik und des Jusos Landesvorstands wurde mit deutlicher Mehrheit (88 %) angenommen.

Volkmar Stein, Sprecher des SPD Forum Netzpolitik:

„Die Nutzung von Staatstrojanern für die Quellen-TKÜ bei Smartphones und PCs muss auf die Polizeibehörden beschränkt bleiben. Es handelt sich dabei um staatlich beschaffte Schadsoftware, die auf Endgeräte aufgespielt wird, um dort Daten abzugreifen. Die Ausweitung der Befugnisse auf alle Geheimdienste schränkt die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger ohne Not erhebliche ein und birgt ein erhebliches Risiko, die IT-Sicherheit in Deutschland und weltweit dauerhaft zu schwächen, da Sicherheitslücken zum Aufspielen der Staatstrojaner benötigt und bewusst offengehalten werden.“

Die Quellen-TKÜ ist in der heutigen digitalisierten Welt ein erheblicher Eingriff in die Freiheitsrechte, vergleichbar mit einer Wohnungsdurchsuchung. Die derzeit vorgeschlagenen Befugnisse sollen nicht unter Richtervorbehalt stehen, sondern lediglich von der Zustimmung der G-10-Kommission abhängen. Ohne die notwendige demokratische Kontrolle und ohne Rechtsschutzmöglichkeiten für Betroffene ist eine Überprüfung damit nicht möglich. Der Einsatz von Quellen-TKÜ muss unabhängig davon, welche Behörde sie durchführt, immer einer richterlichen Genehmigung unterliegen (Richtervorbehalt). 

Gleichzeitig können wir bereits jetzt mit den heute zur Verfügung stehenden Ermittlungsmethoden immer häufiger erhebliche Ermittlungserfolge von Polizeibehörden im Bereich der Cyberkriminalität vermelden, des digitalen Drogenhandels und rechter Chatgruppen. Den Polizeibehörden wurden 2017 bereits weitreichende Möglichkeiten zum Einsatz von Überwachungssoftware eingeräumt. Dringender Bedarf an einer verstärkten Zuarbeit von mit weitreichenden Kompetenzen weit im Vorfeld von Straftaten ausgestatteten Nachrichtendiensten ohne demokratische und gerichtliche Kontrollmöglichkeit ist nicht erkennbar. Stattdessen muss die personelle und technische Ausstattung der Polizeibehörden konsequent weiter verbessert werden. 

Die vorgeschlagenen erweiterten Mitwirkungspflichten für Provider wie das Umleiten von Datenflüssen zum unbemerkten Einspielen von Schadsoftware zur Überwachung sind grundsätzlich abzulehnen. Überwachungssoftware soll so zum Beispiel beim Update ihres Betriebssystems trotz aktivierter Verschlüsselung unbemerkt auf den Endgeräten der Kunden platziert werden können. Betroffene werden auch nach Abschluss der Überwachung nicht über den Eingriff informiert. Das Vertrauensverhältnis zum Provider und zur Verschlüsselung würde dadurch erheblich beschädigt werden.

Antragstext im Wortlaut: https://spdnetz.de/q-tku