SPD Berlin LPT beschließt: Ende der digitalen Verwaltungssteinzeit! Sichere, digitale & einfache Interaktion mit Ämtern

SPD Berlin beschließt auf Antrag vom Forum Netzpolitik: Bürger:innen und Unternehmen müssen sicher digital mit Ämtern kommunizieren, sich elektronisch authentifizieren und online bezahlen können. Mit Personalausweis gibt es sichere etablierte Technik.

Vollständiger Beschlusstext:

Antrag 167/II/2022 Sichere, digitale und einfache Interaktion mit Ämtern – Ende der digitalen Verwaltungssteinzeit

Ende dem Senden von Briefen ans Amt. Bund und Länder müssen bundesweite technische Standards für die digitale Verwaltung festlegen. Alle Kommunen, Länder und der Bund müssen digital miteinander reden können. Es braucht eine einheitliche Sprache, also jeweils einen bundesweit einheitlichen Datenstandard zum Senden und Empfangen von Daten aus digitalen Verwaltungsverfahren und offene Kommunikationswege, also offene technische Schnittstellen in jedem Amt. Niemand nimmt den Kommunen das Recht, ihre digitalen Verfahren selbst zu entwickeln, aber alle müssen sich an die festgelegten Standards halten. Grundlage sollen offene Standards sein.

Bürger:innen und Unternehmen müssen sicher digital mit Ämtern kommunizieren, sich elektronisch authentifizieren und online bezahlen können. Ohne diese Basiskomponenten sind sie weiterhin gezwungen Briefe zu schreiben oder persönlich aufs Amt zu gehen. Bund und Länder sollen den Kommunen mindestens die drei bundesweit einheitlichen Basiskomponenten Authentifizierung, Kommunikation und Bezahlung zur Verfügung stellen. Mit dem neuen Personalausweis, dem elektronischen Aufenthaltstitel und der eID-Karte für Bürgerinnen und Bürger der EU und des EWR gibt es bereits etablierte Lösungen zur Authentifizierung. Auch hier gilt der Grundsatz „Public Money, Public Code“, wonach mit öffentlichen Geldern finanzierte Softwareentwicklungen grundsätzlich als Freie Software und unter Open-Source-Lizenz veröffentlicht werden sollen.

Das Schriftformerfordernis wird in allen Gesetzen um eine gleichwertige digitale Entsprechung für elektronische Kommunikation ergänzt.

Link zum Antragsbuch: https://parteitag.spd.berlin/cvtx_antrag/sichere-digitale-und-einfache-interaktion-mit-aemtern-ende-der-digitalen-verwaltungssteinzeit/

Einladung virtueller Stammtisch: „Gewalt im digitalen Raum und Twitter-Übernahme“

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Beleidigungen, Drohungen, Überwachung – Gewalt im digitalen Raum ist kein Einzelfall und kann jede:n treffen. Jede:r kennt Postings mit Gewaltsphantasien und Hass. Das Klima im digitalen Raum wird seit Jahren rauer. Und die Gewalt bleibt nicht in der digitalen Welt. Gewalt im digitalen Raum richtet sich oft gegen Frauen. Politisch engagierte Frauen erhalten oft sexualisierte Gewaltdrohungen. Ebenfalls überdurchschnittlich oft attackiert werden Menschen, die Minderheiten angehören, Mindermeinungen vertreten, Kinder und Jugendliche und weitere vulnerablen Gruppen. Im Koalitionsvertrag hat die Ampel sich daher auf ein Gesetz zum Schutz vor digitaler Gewalt geeinigt.

Über das Digitale Gewaltschutzgesetz wollen wir mit Dr. Benjamin Lück reden und die Frage stellen, wie wir Menschen besser schützen können. Er ist Rechtsanwalt und seit Januar 2022 juristischer Projektkoordinator der Marie-Munk-Initiative der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF). Die Initative hat zum Ziel, die Regulierung im Bereich des digitalen Gewaltschutzes auszubauen und eine grundrechtssensiblere Bekämpfung von Hasskriminalität im Netz zu etablieren. Zuvor forschte er unter anderem an der Humboldt Universität, unterrichtete über mehrere Jahre an einer Pariser Universität und arbeitete als Rechtsanwalt in einer Berliner Wirtschaftskanzlei im Presse- und Medienrecht sowie Recht des Geistigen Eigentums.
Im Anschluss möchten wir zudem eine aktuelle Aussprache zur Twitter-Übernahme von Elon Musk und der potentiellen Konsequenzen halten.

Mehr Infos gibt’s hier:

Recht auf Verschlüsselung statt Chatkontrolle

Landesparteitag Berlin lehnt EU-Vorschlag als unverhältnismäßig ab

Die Berliner SPD hat sich auf ihrem heutigen Parteitag gegen die von der EU-Kommission beabsichtige sogenannte Chatkontrolle, das eine verpflichtende Überprüfung jeglicher digitaler Kommunikationsmittel, ausgesprochen. Die Partei unterstützt damit den Kurs der Bundesinnenministerin Nancy Faeser, die die EU-Initiative an dieser Stelle ebenfalls für unverhältnismäßig hält. Die SPD-Mitglieder der Bundesregierung und des EU-Parlaments werden durch den Beschluss aufgerufen, ein solches EU-Gesetz zu verhindern.

Das Forum Netzpolitik berät den SPD-Landesvorstand in digitalpolitischen Fragen und hat den Beschluss initiiert. Darin wird festgestellt, dass die Pläne der EU-Kommission mit den Vereinbarungen des Koalitionsvertrags im Bund unvereinbar seien. Im Koalitionsvertrag haben die Koalitionspartner ein Recht auf Verschlüsselung und die generelle Ablehnung allgemeiner Überwachungspflichten beschlossen. Der Vorschlag der Kommission würde nach Einschätzung der Netzpolitiker hingegen Whatsapp, Twitter, Anbieter von E-Mail- und weiterer Internetdiensten künftig dazu zwingen, jegliche Kommunikation auf Inhalte, die im Zusammenhang mit Kindesmissbrauch stehen, zu kontrollieren.

Weil die Prüfung ohne Verdachtsmomente erfolgen solle, die ein Betroffener ausgelöst hätte, handele es sich um eine anlasslose Überprüfung. Der EuGH hätte jedoch wiederholt entschieden, dass eine flächendeckende und anlasslose Massenüberwachung mit Grundrechten nicht vereinbar sei, selbst wenn es um die Verhinderung oder Aufklärung schwerster Straftaten gehe.

Die Berliner SPD hat nun beschlossen, dass Überwachung privater Kommunikation nur gezielt und auf Grundlage eines individuellen Verdachts stattfinden dürfe, um die Grundrechte der Allgemeinheit, aber auch besonders geschützter Menschen und Kommunikationspartner zu gewährleisten. Patienten, Journalisten und Anwälte, vor allem aber auch Missbrauchsopfer selber, müssen sich auf die Vertraulichkeit ihrer Kommunikation verlassen können. Die Prüfpflicht würde sogar Ende-zu-Ende-verschlüsselte Inhalte betreffen, was faktisch einem Verbot wirksamer Verschlüsselung entspräche.

Gleichzeitig stell der Parteibeschluss fest, dass der sexuelle Missbrauch von Kindern ein gravierendes Problem und der Kampf dagegen sehr wichtig, aber auch komplex sei. Umfassende Überwachungsmaßnahmen im Kampf gegen sexuellen Missbrauch als Allheilmittel zu verstehen, verkenne diese Komplexität und auch die Grenzen technischer Überwachung. Zu leicht, so der Beschluss, könnten sich Kriminelle zudem den Überwachungsmaßnahmen entziehen.

Ansprechpartner beim SPD Forum Netzpolitik:
Carmen Sinnokrot
Volkmar Stein


Link zum beschlossenen Antragstext:

https://parteitag.spd.berlin/cvtx_antrag/recht-auf-verschluesselung-statt-chatkontrolle/

Online-Veranstaltung „Chatkontrolle – droht die Abschaffung des digitalen Briefgeheimnisses?“ (16.2.22)

Der aktuelle Verordnungsentwurf der EU-Kommission zur Bekämpfung von sexuellem Kindesmissbrauch führt derzeit zu heftigen Debatten. Als einer der Maßnahmen soll unter anderem eine sog. „Chatkontrolle“ vorgeschrieben werden. In dessen Rahmen soll nach derzeitigem Entwurf Chat- und Messenger-Providern wie Whatsapp, Facebook-Messenger und Signal vorgeschrieben werden, private Chats, Nachrichten und E-Mails bereits auf den Endgeräten zu durchsuchen. Befürworter der Initiative erhoffen sich davon, die Verbreitung von Darstellungen von Kindesmissbrauch im Internet zu reduzieren. Kritiker sehen das Instrument als präventive und anlasslose Massenüberwachung und Gefahr für Privatsphäre, IT-Sicherheit, Meinungsfreiheit und Demokratie. Im Rahmen der Diskussionsveranstaltung möchten wir den Nutzen und die Risiken einer solchen Maßnahme abwägen.

Alle Infos gibt’s hier:

Update: Der Landesparteitag hat sich auf unseren Antrag gegen die Pläne der EU-Kommission und damit gegen eine anlasslose Chatkontrolle ausgesprochen.