Der Landesparteitag der SPD Berlin hat für eine Umsetzung der Open-Source-Strategie für Berlin plädiert, die entscheidend für eine moderne Verwaltung und für die Stärkung der digitalen Souveränität Berlins ist.
Die SPD Berlin setzt sich im Senat für eine verbindliche Umsetzung der im Koalitionsvertrag festgeschriebenen und in der Open-Source-Strategie beschlossenen verstärkten Einsatz von Open-Source-Lösungen ein. Dazu bedarf es eines konkreten und verbindlichen Aktionsplans und Strukturen, wobei der Aufbau von Wissen und Kapazitäten sowie die verbindliche Nutzung offener Standards im Vordergrund stehen müssen.
Nach den Beschlüssen der Berliner SPD soll die Verwendung von Open-Source-Software gemäß der IKT-Architektur Berlins künftig bevorzugt werden und jede Ausnahme gut begründet und von der zuständigen Behördenleitung geprüft werden muss. Alle neuen Softwareentwicklungen für die Verwaltung seien unter eine geeignete Open-Source-Lizenz zu stellen.
Die SPD wird sich zudem dafür einsetzen, dass der Senat eine Open Source No-Code/Low-Code-Plattform für das Land Berlin anschafft und durch das ITDZ bereitstellt, um es den Mitarbeitenden zu ermöglichen, mit geringen technischen Hürden Verwaltungsprozesse zu digitalisieren und zu automatisieren, wobei die Lösungen allen öffentlichen Verwaltungen zur Wiederverwendung angeboten werden sollen.
Der ausführliche Beschluss der SPD Berlin mit den weiteren Forderungen zur konkreten Umsetzung dieser Ziele findet sich unten.
Hintergrund des Beschlusses:
Der Senat Berlin hat im Koalitionsvertrag und im Rahmen der Erstellung einer Open-Source-Strategie für das Land Berlin wichtige Ziele formuliert, um die digitale Souveränität zu stärken. So ist im Koalitionsvertrag vereinbart, bei der Suche nach geeigneten digitalen Lösungen für die Verwaltungsmodernisierung Open-Source-Lösungen einen besonderen Raum einzuräumen. Auch die Open-Source-Strategie der Vorgänger-Koalition wird aufrecht erhalten, in die Förderung eines „Open-Source-First“-Ansatzes gefordert wird. Bislang ist jedoch, abgesehen von der ebenfalls von der Vorgänger-Koalition beschlossenen Open Source Kompetenzzentrum beim ITDZ Berlin davon leider nichts umgesetzt. Die Beschlüsse allein helfen noch nicht bei der Digitalisierung. Die vereinbarten grundsätzlichen Ziele für Open-Source brauchen daher jetzt einen konkreten und verbindlichen Umsetzungsplan. Durch den Aufbau von Wissen, Fachkräften und Kapazität sowie den prioritären Einsatz von Open Source Software, d. h. Software deren Quellcode unter einer freien Lizenz verfügbar ist, und die verbindliche Nutzung von offenen Standards entsprechend der Digitalstrategie auf Bundesebene soll die digitale Souveränität auch auf der Seite der Verwaltung stärker in den Fokus genommen werden.
Das beschlossene Positionspapier im Volltext
Link zum LPT-Dokument.
Antrag 223/I/2024 Umsetzung der Open-Source-Strategie des Landes Berlin
AntragstellerInnen: Forum Netzpolitik
Der Landesparteitag möge beschließen:
Der Senat Berlin hat im Koalitionsvertrag und im Rahmen der Erstellung einer Open-Source-Strategie für das Land Berlin wichtige Ziele formuliert, um die digitale Souveränität zu stärken. So ist im Koalitionsvertrag vereinbart, bei der Suche nach geeigneten digitalen Lösungen für die Verwaltungsmodernisierung Open-Source-Lösungen einen besonderen Raum einzuräumen. Auch die Open-Source-Strategie der Vorgänger-Koalition wird aufrecht erhalten, in die Förderung eines „Open-Source-First“-Ansatzes gefordert wird. Bislang ist jedoch, abgesehen von der ebenfalls von der Vorgänger-Koalition beschlossenen Open Source Kompetenzzentrum beim ITDZ Berlin davon leider nichts umgesetzt. Die Beschlüsse allein helfen noch nicht bei der Digitalisierung. Die vereinbarten grundsätzlichen Ziele für Open-Source brauchen daher jetzt einen konkreten und verbindlichen Umsetzungsplan. Durch den Aufbau von Wissen, Fachkräften und Kapazität sowie den prioritären Einsatz von Open Source Software, d. h. Software deren Quellcode unter einer freien Lizenz verfügbar ist, und die verbindliche Nutzung von offenen Standards entsprechend der Digitalstrategie auf Bundesebene soll die digitale Souveränität auch auf der Seite der Verwaltung stärker in den Fokus genommen werden.
Wir fordern im Einzelnen:
- Die Open-Source-Strategie des Landes Berlin muss mit einem konkreten Umsetzungsplan nach dem Vorbild der Open-Source-Strategie der Sächsischen Staatsverwaltung operationalisiert werden. Der Umsetzungsplan für die Open-Source-Strategie wird in verschiedenen Handlungsfeldern ein konkretes Zielbild für die aktuelle und die folgende Legislatur entwickeln, Projekte in missionsorientierten Handlungsfeldern sowie Projekte mit ressortübergreifender Hebelwirkung formulieren. Die Projekte werden mit messbaren Zielen und Zeitplänen vereinbart, an denen sich die Landesregierung und die IKT-Steuerung messen lassen wird. Es erfolgt ein regelmäßiger Monitoring-Prozess mit externer wissenschaftlicher Begleitung.
- Zur Erreichung der Ziele der vereinbarten Open-Source-Strategie führen nach dem Vorbild Thüringens eine generelle und gesetzlich verankerte Priorisierung von Open-Source im Vergabeverfahren auf Landesebene ein, insbesondere durch entsprechende rechtssichere Klarstellung in den Grundsätzen der Vergabe, flankiert durch Klarstellungen im neuen Digitalgesetz Berlins. Derzeit erfolgen öffentliche Beschaffungen in der Regel nicht produkt- und anbieterneutral, so dass eine Vorfestlegung auf übliche Anbieter stattfindet. Wegen des Systemcharakters von Software mit dem besonderen Aspekt der offenen Standards, der Kompatibilität und den Gesichtspunkten von Kooperation und Nachhaltigkeit ist eine generelle Bevorzugung daher zwingend, um insbesondere Lock-In-Effekten bei Einsatz proprietärer Software entgegenzuwirken und eine langfristige Umstellung der Verwaltung zu bewirken, die für die Erreichung des Ziels der Herstellung digitaler Souveränität der Verwaltung am effektivsten erscheint.
- Wir werden für IT-Beschaffungen des Landes gesetzlich verankern, dass neue Anwendungen und Technologien mit offenen Schnittstellen sowie offenen Standards ausgestattet werden müssen, um eine weitreichende Interoperabilität zu gewährleisten und diese hierüber nutzbar zu machen, wobei neue Anwendungen und Technologien möglichst abwärtskompatibel sein sollen. Der Einsatz von Open-Source-Software soll entsprechend der geltenden IKT-Architektur Berlins vorrangig erfolgen, Ausnahmen sind zu begründen und diese Begründungen durch die jeweilige Behördenleitung zu prüfen. IKT-Ausschreibungen werden künftig die Vorgabe enthalten, wonach die Produkte offenen Dateinformate als Standards verwenden bzw. unterstützen müssen, soweit ein späterer Vendor-Lock nicht andersweitig ausgeschlossen ist. Bei neuer Software, die von der öffentlichen Verwaltung oder speziell für diese entwickelt wird, ist der Quellcode unter eine geeignete Open-Source-Lizenz zu stellen, soweit keine zwingenden Gründe (beispielsweise sicherheitsbezogene Risiken) dem entgegen stehen. Auch in diesem Fall muss zugleich der Quellcode zumindest intern zugänglich sein und selbst weiterentwickelt werden können, um die digitale Souveränität zu stärken.
- Die Erprobung und Einführung neuer Software wird stark vereinfacht. Dazu wird die Möglichkeit von Reallaboren geschaffen, um in den Behörden innovative Lösungen in einem frühen Stadium zu testen. Einführungsverfahren einschließlich der erforderlichen aber langwierigen Beteiligungsprozesse sollen für Open Source Software grundsätzlich künftig zu einer landesweiten Einsetzbarkeit der Software führen und nicht mehr wie derzeit nur für die jeweilige Behörde.
- Der prozentuale Anteil von IT-Dienstleistungen im Zusammenhang mit Open-Source-Lösungen wird im Vergleich zu jenen mit proprietären Lösungen prozentual deutlich erhöht.
- Das Open-Source-Kompetenzzentrum beim ITDZ wird zur operativen Umsetzung und Begleitung der Open-Source-Strategie ertüchtigt, und zur zentralen Beratungsstelle und zu einem Kompetenzpool entwickelt, um Projekte auf Landes- und Bezirkseben und bei der Hauptverwaltung zu unterstützen und in Hinblick auf Einsatz und Beschaffung von Open-Source-Lösungen zu beraten. Die Landesbehörden werden dabei unterstützt, ihre Kosten langfristig zu senken, unabhängiger von Softwareanbietern zu werden und die Sicherheit ihrer IT zu erhöhen.
- Beim Open-Source-Kompetenzzentrum wird ein kontinuierlicher Austausch zwischen Bund, Ländern, Kommunen und relevanten Akteuren etabliert. Im Fokus stehen die Verbesserung der politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen, der Aufbau und die Festigung regionaler Kompetenzen, Unterstützung bei Beschaffungen sowie das Bereitstellen von Standards und Wissensaufbau zum Thema Open Source. Berlin wird sich dazu verstärkt in entsprechendenen Vernetzungsinitiativen engagieren, und zum Beispiel Formate wie die Initiative „Open Source Big 3“ gemeinsam mit Dortmund und München fortführen.
- Berlin wird mit dem Bund und anderen Bundesländern im Zentrum für Digitale Souveränität der Öffentlichen Verwaltung, kurz ZenDiS, zusammenarbeiten, um die digitale Souveränität und IT-Sicherheit auf allen Verwaltungsebenen zu stärken.
Die Prüfung und Herstellung der Voraussetzungen für einen Beitritt Berlins zum ZenDiS werden zeitnah eingeleitet.Der Beitritt Berlins zum ZenDiS wird dazu zeitnah abgeschlossen. - Der Einsatz geeigneter Open-Source-Software, die von anderen Kommunen, Ländern oder vom Bund entwickelt wird, wird geprüft. Darüber hinaus wird die Zusammenarbeit mit den Projektbeteiligten aus Bund, Ländern und Kommunen angestrebt, um die Weiterentwicklung und Verbesserung der Software im Sinne des Projekts sicherzustellen.
- Der Senat wird aufgefordert, im Rahmen eines Basisdienstes Low Code Plattformen mindestes eine Open Source No-Code/Low-Code Plattform für das Land Berlin anzuschaffen und bereitzustellen, welche durch das ITDZ betrieben wird. Dadurch wird es Mitarbeitenden mit wenig technischen Einstiegshürden erlaubt, mit einfachen Mitteln Vorgänge zu digitalisieren und automatisieren, ohne auf technisch oft ungeeignete und kurzfristig gedachte Hilfstools wie Excel oder ähnliches ausweichen zu müssen. Lösungen werden transparent und austauschbar zur Verfügung gestellt, können wiederverwendet und weiterentwickelt werden. Low Code und No Code sind Entwicklungsansätze, die es der Verwaltung ermöglichen, Anwendungen mit minimalem bis gar keinem Programmieraufwand durch visuelle Schnittstellen und Drag-and-drop-Funktionen zu erstellen, wodurch sie schneller und zugänglicher als traditionelle Programmierung sind. Gefundene Lösungen sollen allen Behörden der Kommunen, Länder und des Bundes zur Wiederverwendung und Anpassung an eigene Bedürfnisse zur Verfügung stehen.